Lieber Herr Schweim,
habe eben aus der Zeitung erfahren, daß Ihre Abordnung für ein weiteres Jahr
verlängert worden ist. Und Montag ist ja nun Herr Kurth als kommisarischer
Leiter berufen worden. Das alles ist natürlich gespickt mit dem üblichen
Dreckgewerfe. Ich habe so etwas noch nicht erlebt. Es erscheint mir aber auch
unklug, wie dieses Ministerium mit den Mitarbeitern im Institut umgeht, die
ja alle auch diese Verlautbarungen darüber, wie schlecht sie sind, so wie ich
heute dann irgendwann zu lesen bekommen. Das ist doch eine ungeheuer
effiziente Vorgehensweise, wenn man erreichen möchte, daß sich die
Mitarbeiter von ihrer Arbeit distanzieren. Wenn man sich, wie wir alle, in
den letzten Jahren geknechtet hat, um den Umzug, die vielen neuen
Mitarbeiter, die Nachzulassung etc. gebacken zu bekommen und dabei trotzdem
noch seine aktuellen europäischen Pflichten wahrzunehmen, dann muß man sich
doch wirklich an den Kopf fassen. Aber wenn uns jetzt dann Herr Kurth das Licht
am Ende des Tunnels weist, dann kommen bestimmt auch bald die Profis, die uns
zeigen werden, wie man Europa und Pharmakovigilanz macht, worum wir uns all
die Zeit haben ehrenhalber bekümmern dürfen. N.N.
Arzneimittelinstitut
(PM der Bundesärztekammer) „Schmidt entmachtet Chef des Arzneimittelinstituts“ berichtet das
Handelsblatt. Das Bundessozialministerium hat überraschend den Präsidenten
des Robert Koch-Instituts (RKI) Reinhard Kurth zum kommissarischen Leiter des
Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) ernannt. Es ist
unter anderem zuständig für die Zulassung von Medikamenten. Kurth solle die
Empfehlungen des Task-Force zum Pharma-standort Deutschland zur Reform des
BfArM umsetzen. Dabei würden ihm seine Erfahrungen bei der „hervorragend
gelungenen“ Neuorganisation des RKI zugute kommen, begründete eine Sprecherin
des Ministeriums die Entscheidung. In Kreisen der Arzneimittelindustrie wurde
die Ernennung Kurths als Indiz für eine weitere Entmachtung des nach wie vor
ungekündigten Präsidenten Harald G. Schweim gewertet. Er wird verantwortlich
dafür gemacht, dass das BfArM seit Jahren in der Kritik steht. So stelle ein
Gutachten der Beratungsfirma Boston Consulting im Auftrag des Verbands
Forschender Arzneimittelhersteller e. V. fest, dass immer mehr Unternehmen
ihre neuen Medikamente außerhalb Deutschlands zur Zulassung anmelden, weil
das BfArM schlecht arbeitet. Dies trage zu einem wachsenden Imageverlust des
Pharmastandortes Deutschland bei. Eine daraufhin eingesetzte Arbeitsgruppe
kam zu dem Ergebnis, dass Schweim für diese Fehlentwicklungen verantwortlich
zu machen sei.
Lieber
Herr Schweim, trotz - oder gerade
wegen - dem heftigen Eingreifen seitens des BMGS ist auch für die
Stelle Leiter der Organisationseinheit Klin. Pruefungen eine Neuausschreibung
noetig, da alle drei Top-Kandidaten dankend abgelehnt haben. Aus der
noetigen Distanz betrachtend bin ich schon gezwungen einzuraumen dass sich
mit Ihrem Weggang doch wie angekuendigt eine deutliche Veraenderung im
Arbeitsstil des Hauses eingestellt hat -- fuer
Zyniker: der Unterhaltungswert ist hoeher geworden. N.N.
Lieber
Herr Schweim, das Urteil sieht wirklich nicht gut aus. Rein aus Gründen der
Selbsterhaltung rate ich zur Annahme der Professur. Das Gericht ist der
Meinung, dass die Argumentation der BMGS-Leitung rationell und durchgreifend
ist, nicht die Ihre. In Anbetracht dieser durch das Urteil gefestigten
Meinungsbildung des OVG Münster stellt sich die Frage, ob das
Hauptsache-Verfahren Aussicht hat. Ich hätte Ihnen gerne etwas anderes
gewünscht, aber dieses Gericht werden Sie nicht überzeugen, dass U.S. eine
bösartige Intrigantin ist, die Sie wegen Ihrer Widerworten fertig machen
will, so wie sie es auch mit Schulte-Sasse gemacht hat. Mist, und ich kann
Ihre Gefühle, Ihre Verletzung nachvollziehen. N.N.
Lieber Herr Schweim, Summa
Summarum: Mir persönlich wäre eine Bonner Professur lieber, als für die
nächsten 10 Jahre innerhalb des BMGS irgendwo geparkt zu werden
– letztendlich ist ja nicht absehbar, welch anderen phantasiereichen
Abordnungen man sich noch einfallen lassen könnte. Lieber Herr Schweim, aus manchmal gut unterrichteten, aber nicht immer
verlässlichen Kreisen heisst es, dass weiter gegen Sie Munition bereit
gestellt würde. Ich habe dafür keine Bestätigung aus zweiter oder
verlässlicher Quelle, da es aber recht spezifisch ist, können Sie vermutlich
beurteilen, ob bzw. was an möglicherweise echtem Ereignis hier in verdrehter
Form verwendet wird oder ob das reine Fabrikation ist. Als Beleg für fehlende
Personalführungsfähigkeit werden Strafanzeigen gegen Fahrer des BfArM wegen
Geschwindigkeitsüberschreitung angeführt (?!). N.N. Lieber Herr Schweim, ganz einfach: FRUST! Das
BfArM ist in den Händen eines, jetzt bin ich mir nicht sicher – eitlen irren
Egomanen oder egomanen eitlen Irren oder irre eitlen Egomanen ??? Es
macht keinen Sinn mehr, noch nicht mal einen schlechten –– das einzige
Gerücht, das Sinn zu machen scheint, ist so radikal, dass es an jeder
Glaubwürdigkeit mangelt – trotzdem unten dargestellt, vielleicht haben Sie ja
inzwischen den nötigen Abstand, es komisch zu finden. Aber wie sich das
auf das Arbeitsklima auswirkt, ist fast nicht beschreibbar – aber natürlich
jubeln alle befehlsgemäß freudig zur Aufbruchstimmung, wenn das so angeordnet
wird. Fast wie ehedem in der DDR. Bleibt nur zu hoffen, dass „den Kommissar
in seinem Lauf halten weder Ochs noch Esel auf“ doch noch dass „Leben
bestraft“ – na ja, oder dass das der wohl bei dieser Steuerung absehbare
nächste Arzneimittelskandal besorgt. Weiter Details aus dem
Narrenschiff: die Ag Zulassung hat ihren Bericht vorgelegt. Das
Radikalgerücht über den Sinn des ganzen: Keine Veränderungen bis Mitte
2006 – gewollte resultierende Lähmung des BfArM führt zu Kompetenzverlust,
Verlust an Impakt und Bedeutung auf europäischer Ebene nein, keine
„Nebenwirkung der Inkompetenz“, sondern gewollt! für eine weitere Verlagerung
der Bedeutung hin zu europ. Zulassung anstatt nationaler Zulassung. Ungerupft
bleibt nur die Nachzulassung Erfolgsmeldung 1 Ende 2005 Abschluß
Nachzulassung Frühjahr / Frühsommer 2006: Erkenntnis, das Zulassung
durch BfARM weitgehend unnötig, wird ja bestens durch EMEA (und
erfolgreichere nationale Behörden, aber das sagt man nicht) gemacht.
Drastische Reduktion des BfARM (Erfolgsmeldung: Große Jubelfeier für
Bürokratieabbau, 400 kw-Vermerke), spätestens jetzt Umgestaltung
zum Assistenzbüro der Pharmaindustrie ( Erfolgsmeldung: Standortsicherung für
Industrie und Arbeitsplätze), von dort auch möglichst hohe Anteile bezahlt
(„wes Brot ich ess, des Lied ich pfeif...)“ - Erfolgsmeldung:
Kostensparung durch die kw-Vermeke, Industrie zahlt statt Steuerzahler,
und das alles pünktlich zum Wahltermin Ende 2006 ! Satelliten-Gerücht: 3
Jahre nach Begutachtung durch Wissenschaftsrat werden die Ergebnisse
überprüft – die Impakt-faktoren des PEI und RKI sind deutlich besser,
Einstellung dieser Aktivitäten und Umwidmung der Mittel zum PEI und
vielleicht auch noch ein paar anderen verdienten Schweim-Jägern – wird aber
wie die meisten Volksmärchen auch anders erzählt – die regulatorischen
Tätigkeirten werden zwar minimiert, aber die Forschunsarbeit gefördert – das
BfArM wird nach dem Bilde des RKI forschungszentriert umgebaut, und die drei
Forschungsinstitute PEI, RKI, BfARM werden zur Bundesgesundheitforschungsanstalt
BGFA zusammengefasst. Und wer ist der Mann des Erfolges, der dies alles so
wundersam gestaltet? Natürlich der Kommissar, der September 2004 berufen
wurde, und für den damit rechtzeitig zum September 2006 – (sicher ist sicher,
bei dem blöden Wahlvolk weiß man ja nie) mit dem Ablauf der zwei Jahre die
Doppelbezüge für die Ausübung des Doppelamtes pensionswirksam werden! Diesem
Wundermann sollte man dann doch sicher gleich noch den außer Beamtentarif
vergoldeten Vorstandsvorsitz (sei es des BfArM, sei es des neuen BGFA)
anbieten für die folgenden 5 Jahre.... Pfui Kuckuck ! N. N.
Um
diese BMG-Leitung besser zu verstehen ist der Artikel "Gelenkte
Demokratur" im Spiegel 26/2006 S. 118/119 mit Klaus Theo Schröder in der
Rolle des "Raubtierdompteurs, der gern bereit ist alle seine Machtmittel
einzusetzen" und "bis ins Detail mischt Schröder beim neuen
Standard mit" wirklich lesenswert!
Lieber Herr Schweim,
herzlichen Glückwunsch zu Platz 1 der Berufungsliste. Man ist offen-sichtlich
extrem daran interessiert, dass die Berufungsverhandlungen zügig
abgeschlossen werden. Um den Druck auf Sie zu erhöhen, wurden alle
Mitarbeiter des BfArM jetzt offiziell informiert (offizielle zitierfähige
Quelle Kurth), dass Ihre Rückkehr ans BfArM aufgrund einer politischen
Vorgabe definitiv ausgeschlossen ist. Zusätzlich soll auch durch die geplante
Neustrukturierung einer Rückkehr vorgebeugt werden: Die Präsidialstruktur
wird abgeschafft, statt dessen gibt es eine „Vorstandsstruktur“. Der
Vorstandsvorsitzende und der Stellvertreter werden auf fünf Jahre befristet
benannt, mit (unbegrenzter?) Verlängerungsmöglichkeit (Entgelt übrigens
außerhalb der Besoldungsordnung). Die dazu nötige Gesetzesänderung ist in
Vorbereitung, die Präsidentenposition ist somit bis zur Spruchreife eines
Rechtsstreit einfach nicht mehr existent. Kurth wird in den nächsten Tagen
offiziell als kommissarischer Leiter eingeführt. Fusionen mit
Schwesterinstituten scheint Kurth nicht aktuell verwirklichen zu können, aber
mittelfristig mit PEI anstreben. Beste Grüße N.N.
Prof.
Dr. med. R. Kurth hat jetzt offen geäußert, er wolle Vorstandsvorsitzender der
D[R]AMA werden. Im November 2006 wird er 64 (Jg. 1942), die D[R]AMA kommt
vermutlich 2007. Nach einem 5 Jahres-Vertrag ist er dann fast 70 Jahre alt!
Wenn ein kluger Mann wie Herr Kurth sich öffentlich so "outet", hat
er bestimmt Zusagen. Ich bin gespannt, wie sich das mit einer zugesagten
öffentlichen, europaweiten Ausschreibung verträgt.
Reinhard
Kurth, Präsident des Robert Koch-Instituts und kommissarischer Leiter des
Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte, ist mit dem Bundesverdienstkreuz
ausgezeichnet worden. Der Virologe und Mediziner erhielt das Große
Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland am 4.
Oktober 2005 aus der Hand von Bundespräsident Horst Köhler für besondere
Leistungen in der Wissenschaft und erfolgreiches Wirken in mehreren
Bundesinstituten. Am 22. September 2006 hat ihm die Medizinische Fakultät der
Charité in Berlin die Ehrendoktorwürde verliehen.
Der ehemalige Direktor des
Robert Koch-Instituts Prof. Dr. med. Dr. h.c. Reinhard Kurth ist am Sonntag,
den 2. Februar 2014 mit 71 Jahren nach langer, schwerer Krankheit verstorben.
Mit Kurth verliert Berlin einen der ganz großen Wissenschaftler und
Institutsmanager.
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